
Rita Herbers ist Vorständin bei der Hamburger Volksbank
Rita Herbers gehört seit Mitte August dem dreiköpfigen Vorstand der Hamburger Volksbank an – als erste Frau in der fast 160-jährigen Geschichte der Bank.
Rita Herbers kommt von der Commerzbank, wo sie 20 Jahre verschiedene Positionen innehatte. Ihre Ausbildung und die ersten 10 Berufsjahre verbrachte sie in der Sparkassenorganisation. Im Interview spricht sie über ihre ersten Eindrücke bei der Hamburger Volksbank.
Frau Herbers, als neue Vorständin der Hamburger Volksbank übernehmen Sie den Bereich Markt. Wie starten Sie in die neue Aufgabe?
Rita Herbers: In den ersten 100 Tagen ist mein wichtigstes Projekt, Mitarbeiter und Kunden kennenzulernen und ihnen zuzuhören: Was wollen sie bewahren, was hat die Hamburger Volksbank so erfolgreich gemacht? Außerdem gibt es sicher Themen, die aus ihrer Sicht zu verändern sind.
Sie wechseln von einer Großbank zu einer genossenschaftlich organisierten Bank. Welche Veränderungen in der Arbeitsweise erwarten Sie?
Herbers: Während der ersten zehn Jahre meines Berufslebens war ich ja bei der Sparkasse. Ich denke, da gibt es große Gemeinsamkeiten mit der Genossenschaftsbank. Vor allem fällt mir die Kultur des partnerschaftlichen Miteinanders auf. Hinzu kommt die regionale Verbundenheit.
Was reizt Sie besonders an der Arbeit bei der Hamburger Volksbank?
Herbers: Ich habe überwiegend im Vertrieb gearbeitet. Als die Fusion zwischen der Commerzbank und der Dresdner Bank anstand, konnte ich in Frankfurt neue Strategien und Projekte mitentwickeln, was mir viel Freude bereitet hat. Bei der Hamburger Volksbank kann ich beides kombinieren, worauf ich mich sehr freue. Außerdem habe ich die Hoffnung, dass sich in einer kleineren Organisation schneller etwas bewegen lässt als beispielsweise in größeren Konzernen. Und last but not least: Ich bin in meine Lieblingsstadt zurückgekehrt.
Sie waren mehr als zwei Jahre für die Commerzbank in New York. Welche Erfahrungen haben Sie dort gesammelt, die Sie besonders beeindruckt haben?
Herbers: In New York arbeitet man insgesamt mit einem sehr hohen Tempo. Und dieses „Einfach machen“ – davon können wir Deutschen noch etwas lernen. Fehler passieren immer, auch bei sorgfältiger Planung. Wenn man mit seinen Kollegen regelmäßig in vertrauensvollem Austausch steht, lassen sich diese schnell beheben. Ich bin überzeugt davon, dass der Erfolg dieser Arbeitsweise die durch Fehler verursachten Misserfolge weit überkompensiert.
Der Corona-Shutdown hat viele kleine und große Unternehmen gebeutelt. Warum hilft das genossenschaftliche Modell, die Krise besser zu überstehen?
Herbers: Wir werden wahrscheinlich im Herbst und Winter noch zahlreiche Insolvenzen erleben – erst recht im Falle eines zweiten Shutdowns. Als verlässlicher Partner suchen wir im Gespräch mit unseren Kunden nach der besten Lösung. Das heißt nicht, dass wir frisches Geld an alle Unternehmen geben können. Aber wir stehen im Austausch und kennen unsere Kunden gut – und wir sind berechenbar. Das ist gerade in einer Krise sehr wertvoll.
Die Verhandlungen zwischen der Volksbank Lübeck und der Hamburger Volksbank haben nicht zur Fusion geführt. Ist es unerlässlich für Banken, durch Partnerschaften zu wachsen?
Herbers: Ich halte die Hamburger Volksbank für groß genug, um allein durch die nächsten Jahre zu gehen. Die Gruppe der Genossenschaftsbanken mit ihrer DZ Bank ist stabil aufgestellt – auch um Herausforderungen wie Digitalisierung oder Regulatorik und die damit verbundenen Kosten zu stemmen. Für mich als Mitarbeiterin hatten Fusionen stets etwas Positives. Ich habe zwei Fusionen miterlebt – die der Stadtsparkasse Osnabrück mit der Kreissparkasse Osnabrück und die der Commerzbank mit der Dresdner Bank. In beiden Fällen haben sich für mich neue Möglichkeiten ergeben.
Bei der Hamburger Volksbank sind Sie die erste Frau im Vorstand. Sollte die Bank noch diverser werden?
Herbers: Ich hatte nie ein so breit gefächertes Team wie in den USA – mit Männern und Frauen unterschiedlichster Herkunft und Glaubensrichtung. Das war spannend, aber auch anstrengend, weil viele Kulturen aufeinandertrafen. Frauen, die eine Führungsposition anstreben, brauchen Sponsoren und Sparringspartner: ein Netzwerk aus Unterstützern, die ihnen etwas zutrauen, und Mentoren, um Dinge zu reflektieren. Das brauchen Männer übrigens auch.
Welche persönliche Eigenschaft hat Ihnen geholfen, Ihren beruflichen Weg zu gehen?
Herbers: Ich bin immer authentisch geblieben und habe offen kommuniziert – als Niedersächsin liebe ich offene Worte. Außerdem gehört natürlich eine Portion Ehrgeiz dazu.
Und privat: Wie verschaffen Sie sich da einen Ausgleich zur Arbeit?
Herbers: Ich bewege mich gern. Ich habe seit einiger Zeit das Tennisspielen für mich wiederentdeckt. Ich fahre gern Ski und walke, außerdem sind mir Freunde und Familie sehr wichtig. Und ich reise gern, etwa an die Nordsee, die ja nun glücklicherweise wieder ein Stück näher gerückt ist.